Interview mit Franziska Wörz zum Thema des Doppelhaushaltes

Die diesjährigen Haushaltsberatungen sind anders als alle Vorherigen. Durch die Corona-Pandemie sind die Einnahmen der Verwaltung eingebrochen und die Ausgaben an vielen Punkten gestiegen.

 

Verena von Mutius-Bartholy: Was macht die Haushaltsberatung dieses Jahr so schwer?

Die diesjährigen Haushaltsberatungen sind anders als die Vorherigen: Durch die Corona-Pandemie sind die Einnahmen der Verwaltung in Form von Steueranteilen eingebrochen. Zwar werden z.B. die Verluste der Gewerbesteuer aus diesem Jahr komplett kompensiert, jedoch gibt es für die kommenden Jahre, in welchen die Pandemie weiterhin Spuren hinterlässt, bisher keine Zusagen vom Bund. Daher ist es umso erfreulicher, dass wir am Montag im Finanzausschuss gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen diesen Doppelhaushalt beschlossen haben und diesen Weg gemeinsam als Kollektivorgan beschreiten. 

Verena von Mutius-Bartholy: Welche finanziellen Pandemiefolgen trägt die Stadt und welche der Staat? 

Für die Einkommenssteuer-Einbrüche gibt es weder in diesem noch in den kommenden Jahren staatlichen Hilfen. Die Abschlusszahlungen der Gewerbesteuer hingegen orientieren sich an den Werten von vor 2 Jahren, was daher aktuell noch keine Einbußen ergibt, dafür jedoch ab 2022 eine deutliche Belastung darstellt. 

Zudem entfällt der sogenannte Aussiedlerbonus von dem auch Augsburg bisher profitierte hatte, dauerhaft. 

Die Zuschüsse für Kosten der Unterkunft werden zwar dauerhaft um 25 Prozentpunkte erhöht, was zunächst sehr erfreulich ist. Diese Erhöhung deckt jedoch hauptsächlich die städtischen Mehrausgaben die durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit anfallen. Zudem ist zu befürchten, dass sich diese Zahlen durch die drohenden Insolvenzen von klein- und mittelständischen Unternehmen leider weiter erhöhen.

Verena von Mutius-Bartholy:  Gibt es Rücklagen die herangezogen werden können? 

Durch die allgemeine Zurückhaltung beim Nachtragshaushalt im Oktober war es möglich, 19,5 Mio € Rücklagen zu bilden, die für diesen Doppelhaushalt dringend notwendig sind. 

Ebenfalls wird die Allgemeine Rücklage von 15 Mio € im Jahr 2021 aufgelöst, sowie die in den vergangenen Jahren aufgebauten Pensionsrücklagen in den kommenden Jahren nicht weiter erhöht sondern 2022 zum Teil entnommen. Dies stellt keine Gefahr dar, da ab 2022 der “Peak” von Pensionsbeziehenden der Stadt Augsburg erreicht ist.

Umso wichtiger ist es, weiterhin vorsichtig zu wirtschaften. So werden beispielsweise die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst (1,4% ab 2021 bzw 1,8% ab 2022) im Doppelhaushalt mit 2% kalkuliert, was einen sicheren Puffer gibt.

Verena von Mutius-Bartholy:  Wie und wo wird gespart?

Fairerweise muss überall ein bisschen gespart werden. Die Minderausgaben von 1,75% bei budgetierten Haushaltsstellen, welche die Referate selbst einsparen, bietet sich als ideales Mittel an. Wir halten diesen Weg für sehr sinnvoll, da der Prozentsatz zum einen realisierbarer ist und so ca. 4 Mio. € eingespart werden können. Wir empfinden es hierbei als wichtig, den Referent*innen mit ihrer Expertise selbst diese Kompetenz zu übergeben. Schließlich können diese am besten einschätzen wo gespart und wie kompensiert werden kann. Weiter werden die zuständigen Referent*Innen ihre getroffene Einschätzung in den jeweiligen Fachausschüssen zur Diskussion stellen.

Verena von Mutius-Bartholy: Wird überall gespart oder gibt es doch auch Ausnahmen?

Ausgenommen sind richtigerweise Teile des Sozialreferats und das Referat für Bildung und Migration. Das ist wichtig, um die dringend notwendigen Projekte bei den Schul- und KiTa- Sanierungen unserer Bürgermeisterin Martina Wild weiter fortführen zu können. Trotz Erhöhung der Kosten bleiben wir dabei: das umfassende Schulertüchtigungsprogramm wird fortgeführt und keine Projekte gestrichen. Das zeigt, dass hier unsere Priorität liegt. Weiter muss den sozialen Herausforderungen der Pandemie mit voller Kraft entgegentreten werden, ohne dass dabei jemand auf der Strecke bleibt. Der Aktionsplan Inklusion findet sich dabei an zahlreichen Punkten wieder - Der Einbau von Aufzügen in der Luitpold-/ & Werner-Egk-Grundschulen, Maßnahmen der Löweneck-Schule, der barrierefreier Zugang in der Stadtteilbibliothek Kriegshaber oder barrierefreie Ausbau Bürgerhaus Pfersee sind hier nur einige Beispiele. Außerdem haben wir in einem fraktionsübergreifenden Antrag darauf verständigt, 20.000€ für den Aktionsplan zu investieren. Nicht zuletzt wollen wir durch Sanierungen und Digitalisierung im Rahmen des Sport- und Bäderentwicklungsprogramms auch weiter in Augsburgs Bäder investieren.

Sonstige neue Projekte werden nur noch dort in den Haushalt eingespeist, wo es dringend notwendig ist und zudem hoch gefördert wird, wie zum Beispiel bei der IT der Feuerwehr.

Verena von Mutius-Bartholy: Welche Mittel bekommt das Umwelt- und Gesundheitsreferat als wichtiges Referat, wenn es um den Klimaschutz und die Forderungen des “Klimacamps” geht?

In Richtung Klimaschutz ist dieser Doppelhaushalt ein wichtiger Schritt: durch das Plus von 100.000€ beim Projekt Klimaschutz und mit dem Posten von 40.000€ für die Umsetzung der Klimastudie werden die richtigen Weichen gestellt. Wir machen Ernst bei den Baumpflanzungen, verdoppeln durch unseren Antrag die Mittel und setzten so jährlich 20.000€ für die Baumpflege “on Top”. So werden auch bei den dringend notwendigen Maßnahmen zur Fahrradförderung weitere 190.000€ bereitgestellt, womit diese Haushaltsstelle nun mit 2,2 Mio.€ (zum Vergleich: 2018 waren es 780.000€, 2019 1,3 Mio.€) dotiert ist. Neben dem Rad sind auch die Linie 5 und die Verlängerung der Linie 3 im Haushalt verankert, um jetzt die Verkehrswende einzuleiten.

Verena von Mutius-Bartholy: Gibt es auch Projekte die nicht in diesem knappen Haushalt auftauchen müssten?

Es wundert mich, dass die Opposition einen Antrag gestellt hat um die Diebelbach-Straße zu erneuern. Besonders mit ihren Solidaritätsbekundungen zum Klimacamp, ist es ein fragwürdiges Statement, die Priorität ausgerechnet auf die Förderung des motorisierten Individualverkehrs zu legen.

Verena von Mutius-Bartholy: Sprengt die Theatersanierung nicht den Haushalt der nächsten Jahre?

Grundsätzlich ist die Vermeidung von Liquiditätsengpässen in diesem Projekt sichergestellt. Die Neuverschuldungsermächtigung von 55 Mio. Euro die für 2022 besteht, kann nach Bedarf auch zum Teil nach 2023 übertragen werden. Daher ist der Haushalt davon zukünftig nicht weiter bedroht. Zumal die Kfw-Kredite für die Jahre 2023 bis 2025, mit drei tilgungsfreien Jahren zu einer sehr guter Zinsbindung erhältlich sind. Was das machen von Schulden, für ein so und breit aufgestelltes Projekt, weiter legitimiert. 

Verena von Mutius-Bartholy: Was sind die Finanziellen Gefahren bei einem solch großen Langzeitprojekt? 

Natürlich gibt es bei einem so großen Projekt auch Risiken bei der Finanzierung. Dazu müssen wir ein wenig tiefer in die Materie eintauchen. So muss in den Jahren von 2023 bis 2026 auf die Gefahr der Unterdeckung der Rücklage geachtet werden. Dazu muss man verstehen, dass die anteilige Förderung des Freistaats Bayern erst Jahre später in den Haushalt einfließt, während laufende Ausgaben durch Kredite stetig anfallen. 

Glücklicherweise kann hier durch eine zeitweise Entnahme von 9 Mio € aus den Gewerbesteuerrücklage (29,5 Mio €), Abhilfe geschaffen werden, diese sind aktuell zweckgebunden für einen Gerichtsprozess eingeplant, der aber voraussichtlich noch lange ausgefochten wird. 

Verena von Mutius-Bartholy: Gibt es auf Grund der aktuellen Lage und in anbetracht all der negativen Zahlen, Grund zur Sorge?

Dass trotz dieser schweren Situation ein ausgeglichener Haushalt zustande gekommen ist sehen wir als großen Erfolg. Gerade, da gespart werden muss und wir dennoch die wichtigen Themen unserer Zeit voranbringen konnten, sind wir positiv gestimmt und blicken voller Tatendrang in die Zukunft. 

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